Mit 'Waldfruchtmischung' starte ich frisch zurück aus dem Sommerurlaub die Kategorie GESCHMACKSSACHE. Hier schreibe ich sehr subjektiv kurz oder lang über Dinge des Alltages, die mich schon lange wundern und beantworte die Fragen meiner Verwunderung ganz nach meinem persönlichen Gusto. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen meiner subjektiven Heiterkeiten.
Auf der Suche nach gefrorenem Brokkoli für ein sensationelles Nudelrezept erheische ich plötzlich einen Blick auf sie, mit einem großen 'JA' auf der Packung stechen sie mir freundlich etwas vorsichtig, als wüssten Sie schon über meine Abneigung, ins linke Auge. Ich kann sie nicht übersehen: Die gefrorene Waldfrucht- oder beerenmischung. Und "da ist sie wieder", denke ich und mit ihr die drängende Frage: "Wer um Himmels Willen will essen, was vor ihm liegt, wenn sie aufgetaut ist - diese Mischung? Weiße Großküchen-Plastikeimer voll mit roter Grütze erscheinen vor meinem geistigen Auge. Ich mag keine Rote Grütze. Es schüttelt mich als ich mir die Säure der Grütze vorstelle. Johannisbeeren tanzen auf meiner Zunge, während ich mit der Bitterkeit völlig ausser Kontrolle geratener Brombeerkerne in meinem Mund kämpfe. Ich suche geistig um Hilfe bei den Erdbeeren und bitte schnell alles gemeinsam mit den Blaubeeren und den Himbeeren geschmacklich "rauszureissen" und in Balance zu bringen. Vielleicht müssen deshalb fleischige kernlose Kirschen in die Grütze.
Ein Haufen Beeren-Mischmasch ausser Rand und Band.
Meine Gedanken machen sich sofort weiter an die Arbeit, verleihen allen Früchtchen Frische und sortieren den Haufen Beeren-Mischmasch zu deliziösen kulinarischen Einzelerlebnissen. Es kehrt Würde ein. Da erstrahlen Blaubeeren auf Blaubeerpfannkuchen, heisse Himbeeren ergießen sich über zwei herrliche Bourbon Vanilleeiskugeln, Erdbeeren salutieren unter Tortenguss auf einem Biskuitboden, ein Crêpes hüllt sich sanft in kernlose Brombeermarmelade und Johannisbeeren türmen sich auf einer Tarte unter geflammtem Baiser. Warum wirft man nur alles zusammen und denkt es schmecke an irgendetwas frage ich mich verloren?
Ich friere vor dem Gefrierregal und denke an die wärmenden Crêpes meiner französischen Gastmutter in Paris 1992 mit hausgemachter Brombeermarmelade aus dem eigenen Garten. Ich bekomme plötzlich Lust auf Pfannkuchen, schmeisse den Brokkolibeutel in den Einkaufswagen, rücke mir die Maske zurecht und strebe zielgerichtet zum Marmeladeregal Brombeermarmelade jagen. Denn die Erinnerung an das Arsenal hausgemachter Marmeladegeschenke im eigenen Vorratsschrank, das sich liest wie ein Parfümerielabor: Minze Lavendelgelee, Rosenpfeffergelee gekrönt von - da ist sie wieder - der Beerenmix-Marmelade, überzeugt mich nicht. Ich erheische das Objekt meiner Begierde im Regal: eine Brombeere strahlt vom Glas, ich lese 70% Frucht - warum, denn nicht 100%, ich fühle mich unsachgemäß veräppelt. Das Produkt kann Spuren von Nüssen enthalten, ich bin verwirrt - ach so die Abfüllanlagen machen auch Nuss-Nougatcreme, denke ich still und lasse mich von weiteren Brombeerprodukten ablenken: 50% Frucht je 100g, ...Konfitüre, Fruchtaufstrich, Konfitüre Extra. Mir wird schwindelig. Ich will einfach kernlose Brombeermarmelade mit 100% Brombeeren und bezahle gerne etwas mehr für mehr Frucht. Das kann doch nicht so schwer sein, es ordentlich auszuzeichnen rufe ich meinen eigenen Kopf. Und kaufe irgendeine überzuckerte Orangenmarmelade, da mich das Wort Marmelade bei all der Verbraucherverwirrung sofort beruhigt und beschließe Brombeermarmelade nun einfach selbst zu machen. Fragt sich, wo ich Bio-Brombeeren herbekomme für welche ich keine 1 Tagesstudie erstellen muss, um herauszufinden, ob ich das erhalte, was ich angeblich kaufe.
Nichts Neues, doch die Beerenmischung ist eines unzähliger Beispiele einer hanebüchenen Mauschelei der Lebensmittelindustrie. Schade, denn ich bin überzeugt, dass viele Verbraucher Wahrheit und Ehrlichkeit beim Einkauf suchen und bereit sind dafür einen angemessenen Preis zu zahlen.
Geschmackssache, aber eure vermauschelten Beeren-Mischungen bleiben für mich jedenfalls tabu, ebenso wie Eure verpanschten Olivenöle, Euer schlechtes Fleisch und alles andere.
Die Jagdgöttin
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