Als gebürtige Niederbayerin spreche ich eine sogenannte gefährdete Sprache und teile damit verbal das Los der Spatzen. Daher mache ich mich heute mit Ihnen auf die Reise in eine Welt voller Feinsinnigkeit und Leidenschaft: Niederbayrisch.
Als Kind dachte ich, sie hätten uns einfach vergessen 'am Tor zum Bayrischen Wald' mit unserer Sprache. Wer genau uns vergessen hatte, ist mir heute noch schleierhaft - sie halt. Warum? Na, weil wir in 30 Minuten in der Tschechei (so hieß das damals) waren, aber erst eine Stunde fahren mussten, bis wir den Anschluss an die Autobahn nach München (Minga) erreichten. Und selbst die ging dann nur bis Dingolfing, um irgendwo hinter Dingolfing, ich glaube bei Moosburg, dann doch auf die Autobahn nach 'Minga' zu stoßen. Die weit entfernte Weltstadt mit Herz - das ich übrigens heute noch suche, das Herz meine ich, obwohl ich schon über 20 Jahre in München lebe. Anzeige "Suche das Herz der Weltstadt, wo ist es denn?" Hypothese: Karl Valentin könnte es aus Versehen mit ins Grab genommen haben samt seinem Humor. Oder ist es erstarrt das bayrische Herz der Weltstadt, weil es seinen Dialekt vermisst. Fragen wir doch die Menschen im Berlinlook, auf dem Viktualienmarkt, an der Fleischtheke des Biometzgers: "Habt ihr es vielleicht beim letzten Grillen an der Isar aus Versehen mit gegrillt - das Herz?" Einer reagierte: "Ich bin Veganer."
Nach dem Mauerfall und meiner Busbildungsreise durch den 'ehemaligen' Osten Deutschlands, dachte ich das zweite Mal, sie hätten uns vergessen. Als ich nach Hause kam und feststellte, dass unsere Schlaglöcher in den Strassen noch größer waren, als die im Osten. Die beste Schule fürs Autofahren, dachte ich, und visualisierte schnelle Fahrten im Golf I mit in Schlaglöcher umschiffenden Schlangenlinien auf den Strassen meiner Heimat.
Übrigens während Münchens Herzdamen ihre Blässe jeden Alters unerbittlich in Hüftjeans packen, in der jede zweite aussieht wie ein Walross, aber na bitte! ....putzt sich so manche Dame in Niederbayern immer noch ein bisschen zu sehr raus. So wie die Mädchen in Italien: zu viel Schminke, zu viel von allem. Ihr wisst schon, wenn man sich im selben Moment wünscht, man hätte eines dieser praktischen Microfaser-Abschminktücher, die man bis vor ein paar Jahren noch ausschließlich als Putztücher verwendet hat und möchte am liebsten alles herunter schmirgeln und von vorne anfangen, das abgeschabte Wesen anzuziehen und vor allem die ganze Farbe wegzulassen, auch in den Haaren. Und dann hat man endlich Zeit sich zu fragen, wer sich bitte vor Jahren mit dem Microfaser-Putzlappen einfach mal so das Gesicht gewaschen hat, um festzustellen, dass die Schminke damit so gut abgeht. Wahrscheinlich eine Niederbayerin mit den Worten: "Ja, krulliwulli, des wird a pfundigs Gschäft, wenn der Putzhodern des Doppete kost!
Und weil die Niederbayern so schöne Wörter und Begriffe haben, die kaum einer versteht und schon gar nicht den kleinen feinen Unterschied, komme ich zur Sache.
Heute erklärt: Glump, Graffe(l) und Krempe(l)
Grundsätzlich sind Glump und Graffe(l) sachlich, der Krempe(l) hingegen ist männlich. Damit es beim Schimpfen viel schöner klingt bleibt das 'l' stumm und letztere enden auf ein herrlich nervig klingendes 'e' z.B. scheiss Graffeee und bleeder Kreempeee.
Da S'Glump und s'Graffe, aber 'dea' ( Aussprache mehr wie deeeeäh) Krempe immer gleich als Haufen daherkommen, spricht man im Singular auch von 'an secham Glump, Graffe oder Krempe', wenn es darum geht, etwas als wirklich unbrauchbar oder als untauglich zu bezeichnen. Aber halt! Hier für die, die noch durchsteigen der feine Unterschied: a Glump is schliaßlich koa Graffe und olle zwoa af koan Fall a Krempe.
Ein Glump ist etwas, das nicht funktioniert, obwohl man es mehrfach versucht hat. Unabhängig von einem Anwenderfehler, bleibt 'a Glump a Glump'.
Ein Graffe hingegen ist vergleichbar mit 'unsinnigem Tant oder Zeug'. Hier obliegt es stark dem bewertenden Beobachter, ob er einen Gegenstand als solchen/s einstuft. Ich finde z.B. einschlägige Kaffeemarken mit Allerlei saisonalem Angebot bieten viel Graffe, also Dinge, die die Welt nicht zwingend braucht. Aber wenn man nur anständig darüber nachdenkt, passt die türkisfarbene Gemüsebürste unschlagbar gut zur erst neulich erstandenen türkisen Käsereibe. In Kombination mit den auch erhältlichen türkisen Allerleihaken das perfekte Trio, um die vollgepackte Küche mal wieder richtig aufzupeppen (Anmerkung der Redaktion: manchmal gibt es auch türkise Microfasertücher, für welche Sie sich dann die Haken aus der Küche ins Bad hängen können - diese Vielseitigkeit ist nun final bestechend)
Wären wir beim Krempe, den man sehr gut auf dem Flohmarkt ersteht, d.h. Zeug, meist ein Gegenstand, dessen Verwendung erst gefunden werden muss, aber man hat es eben einmal mitgenommen, weil's zu einem sprach 'kauf mich, du könntest mich brauchen' oder 'nimm mich halt mit und tu nicht so lange rum, ich koste ja nur 2 Euro'.
Krempe kann aber zu einem Graffe werden und dann als Glump enttäuschen, wenn man z.B. einen Aufziehwecker in Form einer grün goldenen Plastik Moschee bei einer Schrottwichtelaktion einer vorweihnachtlichen Weihnachtsfeier ersteht. Diesen begeistert mit nach Hause nimmt, dort niemand versteht, warum man dem Charme eines Weckers nicht widerstehen konnte, der im Klang eines von einer Moschee rufenden Muezzins weckt und so an Istanbul erinnert. Jetzt kommt's: und nachdem man ihn verteidigt hat, funktioniert das Glump nicht und Du verschläfst.
Host mi?
Die Jagdgöttin
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