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AutorenbildDie Jagdgöttin

Rhetorisch Luft holen

Aktualisiert: 25. Nov. 2020

Kennen Sie das? Sie laufen und agieren fröhlich Ihr Leben entlang und plötzlich taucht sie wieder auf, die eine Frage, die sie gerne bereits die letzten Male gestellt hätten. Nicht zwingend, um Antworten zu erhalten. Nein.

Vielmehr, um der eigenen Fassungslosigkeit darüber, dass es schon wieder passiert, dass die Dinge sich immer noch so verhalten, Ausdruck zu verleihen.


Warum sind "Vertriebler" unzureichend vorbereitet?

9:30 eine mir fremde Salesmanagerin (SM) in überschwänglichem Ton am Telefon: "Gut, dass ich Sie endlich erreiche, Sabine ....von Firma...wie geht es Ihnen? Wie ist das Wetter bei Ihnen, fürchterlich nicht jetzt ist es bereits so kühl...

Ich: "Mir geht es gut, Danke, die Sonne scheint" und ich nehme wahr, dass ich über den künstlich freundschaftlichen Ton irritiert bin. Ich erinnere mich an eine überlange unpersönliche LinkedIn Anfrage, die ich ignoriert hatte.


SM: "Sie sind extrem schwer zu erreichen?"

Ich: "Ja, das stimmt." Leise denke ich: "Augen auf bei der Berufswahl, Babe. So ist das im Vertrieb, ich sage doch auch nicht zu einem umkämpften Kandidaten in der Personalselektion: "Oh Mann, Sie machen vielleicht Mühe, wir mussten Sie mehrmals anschreiben, bis Sie reagiert haben." Mir schwant, das Gespräch nimmt einen eher holprigen Verlauf. Und da ist sie, die Killerfrage:


Haben Sie 5 Minuten?

SM: "Haben Sie einmal 5 Minuten?"

Ich: Neeeein! Sie fragt doch nicht nach 5 Minuten, wenn bereits 6 verstrichen sind, ich nach Wind und Wetter befragt wurde und immer noch nicht weiß worum es geht. Doch. Ich ziehe meine Stirn in Falten und schiebe es auf das schlechte Wetter in ihrer Region und biete ihr eine Steilvorlage ihr Produkt zu platzieren. "Worum geht es konkret, was haben Sie Schönes im Schlepptau?"


SM versteht es miß und ergießt sich in einem Redeschwall über Bedürfnisse, die nicht unsere sind, über Produkte, die nicht zu uns passen, mit Beispielen, die industriefremd sind in einem Jargon, der in die Pharmaindustrie gehört. Ich hake nach, suche nach Orientierung zwischen ihren Worten. Das Gespräch mäandert weiter ziellos vor sich hin wie ein Fluß, der noch nicht entschieden hat über welchen seiner Arme er ins Meer fließen möchte. Sie beantwortet meine Fragen mit Halb- oder keinem Wissen. Das Verkaufsgespräch bleibt zurück wie ein verlorenes Schiff auf hoher See.

Ich unterbreche sie zwangsläufig und weise höflich darauf hin, dass ihr Schiff meinen Hafen nicht finde und es langsam schwer würde irgendeine Ladung bei uns zu löschen und wir leider kein Interesse hätten auf Basis der gegebenen Ausführungen.


Aber SM gibt nicht auf und legt nach: "Wenn sie bedenken, dass....

Minute 15, ich will zum Ende kommen: "Bitte verzeihen Sie mir, aber wir haben auf Basis ihrer Erläuterung keinen Bedarf."


SM: "Oh, aber ich denke wirklich, dass ...und neulich hat eine Studie gezeigt...."

Ich: "Danke, aber nein. Ich habe einen Anschlusstermin und muss jetzt definitiv los."


SM unterbricht mit einem Schlussakkord: "Ich würde mich dann in absehbarer Zeit wieder melden, wann denken Sie macht es Sinn?"

Ich: Ich möchte ehrlich mit Ihnen sein. Entweder ihr Produkt ist nicht interessant für uns oder es wäre interessant, oder/und Ihr Pitch hat nicht funktioniert. Ich weiß immer noch nicht genau, was ihr Produkt kann oder nicht kann. Wenn sie es nicht schaffen in 5-10 Minuten zu erläutern, dass Sie eines meiner Probleme lösen, schließe ich von Ihnen auf die Firma und auf die Produkte, verliere das Interesse. Das führt auch dazu, dass Sie mich Zeit und Geld kosten, im Übrigen auch ihren Chef, ohne Mehrwert zu stiften.


SM fühlt sich nicht gut nach dem direkten Feedback und macht Ihrem Frust mit einem "das habe ich so auch noch nicht gehört, nun, wenn Sie das meinen, dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag", Luft.

Ich: Nun, es gibt für Alles immer ein erstes Mal und das wünsche ich Ihnen natürlich auch.


Wir tauschen Zeit und damit Geld. Die Währung ist Vorbereitung und Professionalität.

So oder so ähnlich tragen sich 70% der Salesoffensiven zu - schlecht vorbereitet, viel Information, aber wenig informativ, ohne Kenntnis über das Kundenbedürfnis und ohne Gespür für die Gesprächssituation.


Ich wende mich an den fiktiven Kundenservice Chatbot.


Chatbot (CB): Hallo, meine Name ist Tina Brandt ich bin ein Bot. Wie kann ich Ihnen helfen?

Ich: Tina, mir leider nicht mehr! Am sinnvollsten wäre es Sie helfen Ihren Sales Mitarbeitern!

CB: Danke, sie wollen einen Mitarbeiter?

Ich: Nein, ich reklamiere ihre Sales Mitarbeiterin

CB: Können Sie das Problem näher spezifizieren?

Ich: Und wie!

CB: Tut mir leid, ich verstehe noch nicht, was Sie meinen, ich stelle Ihnen daher noch weitere Fragen zur kundenorientierten und schnellen Lösung. Liegt es a) am Produkt b) am Service c) an anderen Dingen?

Ich: b! Das Problem ist, ihre Vertriebsmitarbeiter sind unvorbereitet. Warum?

CB: Danke, wir verkaufen IT-Lösungen. Unter folgendem link finden Sie unsere attraktive Produktpalette für HR von morgen.

Ich: HR von morgen ist gut, weiß das ihr Sales Team schon?

CB: Guten Morgen, was kann ich für Sie tun?

Ich: Danke, ich schätze ihre Freundlichkeit, da kann ihr Sales Team noch etwas lernen.

CB: Sie möchten mit dem Sales Team sprechen?

Ich: Nein, Hilfe auf keinen Fall. Ich erzähle Ihnen die 'Geschichte'.

CB: Unsere Firmengeschichte startet im Jahr 2008... Klicken Sie hier, um mehr über die Firmengeschichte zu erfahren. Unser Motto: kundenorientiert, innovativ, digital seit mehr ...

Ich: Wow wow wow, da legt sich aber jemand ins Zeug!

CB: Werkzeuge - Zeugnisse - Analysen anzeigen. Bitte wählen sie aus den genannten Kategorien.

Ich: Danke, ich wähle Zeugnis ablegen über ...

CB: Sie haben uns über?

Ich: ja...


Das richtig Gute ist rar.

Natürlich hätte ich das Gespräch sofort abbrechen können. Und natürlich machen diese Menschen auch nur ihren Job. Aber es ist schade, dass so viele dieser Gespräche unter ihrem Potential bleiben. Es gibt sehr gute Gegenbeispiele, bei welchen die Vorbereitung sitzt und der Pitch professionell ist. Auf diesem Weg wird man immer wieder auf exzellente Produkte oder Services aufmerksam. Das ist leider (zu) rar.


Die Jagdgöttin

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